Die Erlösung der Natur
Die Erlösung der Natur
Impulse für ein kosmisches Menschenbild
von Jochen Kirchhoff268 Seiten
Format: 14,8 X 23,0
Broschur
ISBN: 978-3-927369-11-5
»Die Erlösung der Natur« rührt an Tabus, mit denen wir den Zugang zum Weltganzen verstellt haben: »Erlösung« bedeutet für Jochen Kirchhoff das Herauslösen des kosmischen Anthropos aus dem Gefängnis des von aller Erinnerung an das große Leben abgespaltenen modernen Menschen. Natur erscheint so als der Gestalt gewordene Prozess jenes Herauslösens des Menschen aus seiner Verarmung hin zur Fülle seiner schöpferischen Möglichkeiten. Kirchhoffs Kosmos ist als Ganzer lebendig. Aus der All-Beseeltheit der Welt folgt die All-Verbundenheit des Seelen- und Geistwesens Mensch. Von der Verbindung der kosmischen »Anderswelt« mit der Natur, die sich als Mineral, als Pflanze, als Tier und als leiblicher Mensch manifestiert, handelt dieses Buch. Sein Plädoyer für die kosmische Verantwortung, in die der Mensch gestellt ist, macht »Die Erlösung der Natur« zu einem Grundlagenwerk der spirituellen Ökologie.
Rezensionen
von Michael Loeckle am 28.07.2008
Das neue Buch des Philosophen Jochen Kirchhoff, der in Berlin an der Humboldt-Universität in Berlin lehrt, versteht sich als Ergänzung und Abschluss eines Werkzyklus, dem bereits Titel wie „Die Anderswelt“ (2002), „Räume, Dimensionen, Weltmodelle“ (1999) und „Was die Erde will“ (1998) vorausgegangen sind. Kirchhoffs Anliegen ist die Grundlegung einer integralen Tiefenökologie, in der dem Menschen sein ursprünglicher Rang als „kosmischer Anthropos“, als holarchisches Geistwesen zurückgegeben und zugleich seine Verantwortung für die Naturreiche aufgezeigt wird. Erlösung meint hier das Herauslösen des höheren Menschen aus dem Gefängnis des von aller Erinnerung an das „große Leben“ abgespaltenen modernen Menschen, der mit den Fragen nach Sinn und Sein, Herkunft und Ziel, Verantwortung und Entwicklung völlig überfordert zu sein scheint. „Der Mensch ist also der Erlöser der Natur“, schrieb Schelling, und das bedeutet für Kirchhoff nichts weniger als die Spiritualisierung der Erde zur Terra lucida sowie ihre Befreiung vom „Großprojekt des megatechnischen Pharao“, worunter der Autor die gnostisch-technische Weltvernutzung versteht. Alles Werden und Geschehen in der Zeit zielt nach Ansicht des Autors auf den kosmischen Anthropos, d.h. den Menschen in seiner höchsten Seinsgestalt, wie er von Geistern wie Hegel, Teilhard de Chardin, Nietzsche, Steiner, Aurobindo u.a. exponiert wurde. Mehr denn je ist heute eine „kosmische Einbildungskraft“ vonnöten, da die „Besatzung des Raumschiffs Erde“ sich in einem „Zustand offener Meuterei gegen die universelle Ordnung“ befindet, wie Edgar Mitchell protokollierte. Das gegenwärtige Weltbild und darin die Kosmologie der modernen Intellektualkultur ist Teil und Symptom dieser Meuterei, die zuletzt auf den substanziellen Ruin von Mensch und Natur hinausläuft.
Damit es dazu nicht kommt, hat Kirchhoff eine naturwissenschaftliche „Umwertung aller Werte“ vorgenommen, bei der sowohl die Urknall-Kosmologie („Vom Big-Bang zum Grand Attractor“) als auch die Licht- und Zeit-Theorien der abstraktionistischen Mainstream-Kosmologen auf der Strecke bleiben. Der Autor glaubt nicht, dass die mathematisierende Physik der „Scientific Community“ die wahren und eigentlichen Naturgesetze überhaupt kennt. Dazu zählt die Raum-Zeit-Invarianz ebenso wie die Erfindung von Sonnenöfen sowie die Gleichsetzung der Erdoberflächen-Physik mit der kosmischen Physik. In der von Kirchhoff entwickelten transmentalen Radialfeld-Theorie verstrahlen alle als kugelförmig erkennbaren Gestirne aus ihrem innersten Kern durch Materiezerfall freiwerdende Raumenergie (Radialenergie) in wellenloser Form. Die Sonnen sind, anders als im akademischen Lehrbuch, keine superheißen Gaskugeln, sie verstrahlen weder Licht noch Wärme, sondern Radialenergie. Erst in den Wechselwirkungen der Gestirnfelder entstehen wellenförmige Schwingungen, die als Licht in Erscheinung treten. Aus der Eigenart dieser radialenergetischen Wechselwirkungen folgt, dass im Prinzip überall im Raum organisches Leben, in welcher Gestalt auch immer, möglich ist. Während die reduktionistische Naturwissenschaft stets vom Toten und Abstrakten als dem Grundgedanken ausgeht und im Weltraum ein lebensfeindliches Chaos von thermonuklearen Gashöllen sieht, „die blind und sinnleer umeinander herumfallen“, sind für Kirchhoff die Gestirne als der „Leib der Götter“ grundsätzlich die Träger hochgeordneten Lebens.
Für Kirchhoff bedeutet die Erlösung der Natur nicht nur die Rekapitulation naturwissenschaftlicher Probleme, sondern vor allem die Frage nach dem Lebendigen, nach dem kosmischen Standort des Menschen und nach seiner Verantwortung gegenüber der geistigen Welt, es bedeutet die Frage nach der Ich-Genese, dem „Werde, was du bist“ (Goethe) sowie nach dem Tier-Selbst und unserer Schuld gegenüber der „ächzenden Kreatur“, nach dem „Anderswelt-Raum“ der Pflanzendevas und, last not least, nach der Geschlechterfrage. Gerade in der Versöhnung des Männlichen mit dem Weiblichen, in der Spiritualisierung und Sakralisierung des Eros, liegt ein wesentliches Moment der Naturerlösung, wie Kirchhoff sie versteht, wo jeder als Geburtshelfer des jeweils anderen figuriert: „Eine wirkliche Versöhnung des Männlichen und des Weiblichen wird nur möglich sein, wenn es gelingt, aus dem Meer der Neurosen, der Gier, des Ressentiments, der Hassliebe und der Schuldzuweisung aufzusteigen und sich des eigenen Mann-Seins, des eigenen FrauSeins in der Tiefe zu verstehen, was nicht möglich ist ohne die anamnetische Erinnerung an den kosmischen Anthropos.“
Die Erlösung der Natur ist in einer Zeit der totalen Weltvernutzung eine sittliche Herausforderung von größter Bedeutung, die jeden Einzelnen von uns auf diesem „hundstollen Planeten“ (Karl Kraus) in die Pflicht nimmt. Im Sinn von Novalis ist damit die Rückgängigmachung des deformierten und dekadenten Natur- und Menschheitszustands gemeint, die Repristination des verlorengegangenen „Goldenen Zeitalters“. „Einst soll keine Natur mehr sein, in eine Geisterwelt soll sie allmählich übergehen.“ Um zu verstehen, was Novalis mit dieser Prophetie gemeint hat, ist das Werk von Jochen Kirchhoff mehr als nützlich, es ist, wie die bisherigen Publikationen des Autors, ein höchst aktuelles Lehr- und Meditationsbuch zur Bewusstseinsschulung, das dem Menschen der Gegenwart phänomenologisch-konkretisierend die Wege aus der Krise zeigt. Kirchhoff geht es um den kosmischen Anthropos, dem die Erde nicht zur Ausbeutung und Vernutzung durch den schwarzmagisch operierenden „megatechnischen Pharao“ anvertraut wurde, sondern zur Sakralisierung und Spiritualisierung im Sinn des franziskanischen „Il cantico delle creature“. Nur wenn wir die tödliche Bedrohung des Planeten als eine wirkliche begreifen, werden wir motiviert sein, unserer kosmischen Verantwortung gerecht zu werden.Michael Loeckle